Was fasziniert Jungen an "Manfluencern"?
Diese zentrale Frage stand im Fokus des Fachtags "Praxis der Jungenarbeit - attraktive Orte für Jungen", zu dem die LAG Jungenarbeit NRW, das Paritätische Jugendwerk NRW sowie die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe eingeladen hatten.
Auf Plattformen wie TikTok, YouTube oder Instagram begegnen Jungen tagtäglich sogenannten "Manfluencern", die einfachen Lösungen für komplexe Herausforderungen versprechen. Sie inszenieren Männlichkeit als stark, dominant und kontrollierend – oft verbunden mit antifeministischen und sexistischen Botschaften. Diese Inhalte treffen einen Nerv: Sie sprechen Unsicherheiten an, vermitteln Zugehörigkeit und suggerieren Orientierung in einer sich verändernden Welt.
Im Impulsvortrag von Till Dahlmüller und Lino Köhler (Dissens e. V.) wurde deutlich, wie vielschichtig und widersprüchlich diese Szene ist – und wie groß ihre Reichweite. Influencer mit differenzierteren, reflektierten Perspektiven bleiben hingegen oft unter dem Radar.
Doch wie können Gesellschaft und Fachkräfte in der Jungenarbeit darauf reagieren?
Die Empfehlungen aus der Tagung sind:
- Pädagogisch auf die realen Bedürfnisse von Jungen eingehen
- Beziehung, Reflexion und emotionale Kompetenzen fördern
- Antidiskriminierende Handlungskompetenz stärken
- Vorbilder sichtbar machen, die fürsorglich und vielfältig sind
- Jungen- und Jugendarbeit allgemein stärken – analog und digital
Ein inspirierendes Praxisbeispiel stellte Benjamin Scholz von Jungsfragen im Workshop "Fokus: digitale positiv gesetzte Jungenarbeit - anschließend Diskussion - was können wir daraus lernen?" vor. Auf seinem YouTube-Kanal beantwortet er Fragen von Jungen rund um Körper, Sexualität und Identität – offen, direkt und in einem Ton, der Jugendliche erreicht und sie immer erst nimmt. Sein Ansatz zeigt: Jungen brauchen Räume, in denen sie Fragen stellen, sich ausprobieren und angenommen fühlen können – auch in digitalen Kontexten.
Eine spannende Frage, die wir mitnehmen: Viele Jungen sind aktuell empfänglich für traditionelle Männlichkeitsbilder, wie sie in sozialen Medien überrepräsentiert sind. Eine pauschale Abwertung dieser Interessen führt jedoch nicht weiter. Wie können wir stattdessen die dahinterstehenden Bedürfnisse verstehen und positiv aufzugreifen?
Vielen Dank an die Veranstalter für diesen wichtigen Fachtag! Der Boys'Day ist gerne Teil dieses Dialogs – für klischeefreie Berufsorientierung, mehr Chancengleichheit und eine vielfältiges Verständnis von Männlichkeit.